Perimenopause - wenn das Orchester spielt, was es will
- Margot Freiler
- 6. Nov.
- 9 Min. Lesezeit

Die Perimenopause ist tatsächlich eine der spannendsten, aber auch heraus-forderndsten Phasen im Leben einer Frau.
Manche sagen auch, es ist die umge-kehrte Pubertät, die fertile Phase geht dem Ende zu und Frau nähert sich der Unfruchtbarkeit, der Hormonspiegel sinkt. Die Hormonumstellung hat Konsequen-zen für Körper, Geist und Seele und kann das Leben ganz schön durcheinander bringen. Anfangs, um den Vergleich mit einem Konzertabend zu bemühen, spielt die Vorband und stimmt auf den Hauptact ein. Wenn dieser Hauptact die Bühne betritt, dann geht’s los mit dem „Spaß“.
Ich habe durch den Kontakt mit Frauen in meiner Shiatsu-Praxis, die unter Wechseljahresbeschwerden leiden, erfahren, dass das Wissen über die Wechseljahre sehr unterschiedlich ist. Noch immer glauben viele Frauen, dass die Wechseljahre erst ab dem Zeitpunkt der letzten Regelblutung (Menopause) beginnen. Diese Fehlinformation kann weitreichende Konsequenzen haben. Warum schreibe ich das? Weil es erstens wichtig ist, über die Veränderungen im Körper Bescheid zu wissen und weil es zweitens auch und besonders vor der Menopause wichtig ist, dass Frau gut auf sich achtet, Beschwerden gut einordnen und sich dempentsprechende Hilfe suchen kann – nämlich früh genug und nicht erst nach jahrelangem Leiden.
Die Perimenopause - damit sind die Wechseljahre gemeint -, habe ich als die schlimmste Zeit meines Lebens in Erinnerung. Das klingt sehr schlimm, und ich habe es tatsächlich so wahrgenommen. Es ist aber meine subjektive Wahrnehmung, das heißt nicht, dass jede Frau die Perimenopause so erlebt. Dass ich diese Erfahrung gemacht habe, liegt sicherlich auch daran, dass ich keine Ahnung von den Wechseljahren hatte und dass ich mich – aufgrund folgender Aussagen: Da musst du durch, das ist ganz natürlich, stell dich nicht so an -, auch nicht nach Behandlungsmöglichkeiten erkundigt habe! Unglaublich, oder?! Im Nachhinein kann ich nur sagen: Wissen hilft enorm!
Das Positive an meiner Erfahrung war und ist es noch immer, dass mich diese Phase gezwungen hat, mir mein Leben genau anzuschauen, weil es nicht mehr anders ging. Ich konnte nichts mehr verdrängen und wegschieben. Fragen tauchten auf wie: Sorge ich gut für mich? Bin ich gestresst? Sage ich oft ja, obwohl ich nein meine? Ernähre ich mich gut? Wo sind Stressfaktoren in meinem Leben? Gehe ich oft über meine Grenzen? Wie sind meine Beziehungen in der Familie, mit dem Partner, in Freundschaften? Will ich so leben, wie ich gerade lebe? Wie will ich die nächsten Jahrzehnte leben? Wer bin ich überhaupt? Was macht mich aus? Etc., etc. Und heute kann ich sagen, geht es mir besser als jemals zuvor. Ich habe vieles im Außen verändert, bin auch selbst in meiner Persönlichkeitsentwicklung viele Schritte in die richtige Richtung gegangen und genieße mein Leben! Deshalb kann ich gelassen zurückblicken in die perimenopausalen Phase und mich in einem fiktiven Gespräch mit der Perimenopause unterhalten ;-)
In diesem Gespräch erfährst du:
Postmeno-Ich: Hallo Perimeno, Long Time no See. Bin ich froh, dass ich nicht mehr in deiner Haut bzw. Phase stecke.
Perimeno-Ich: Das glaube ich dir! Ich kann das Leben ganz schön durcheinander wirbeln ;-)
PERIMENOPAUSE - BEGRIFFLICHKEIT UND ZEITPUNKT/DAUER
Postmeno: Bevor wir ins Detail gehen, möchte ich zuerst etwas anderes wissen, was mich immer schon irritiert ha, nämlich der letzte Teil deines Namens – „“Pause“ – das ist doch keine Pause, oder? Das habe ich mich schon des öfteren gefragt, warum es als Pause bezeichnet wird. Du weißt das sicherlich.
Perimeno: Das ist schnell erklärt: „Peri“ heißt im Griechischen „um … herum“. Die Perimenopause ist also die Zeit rund um die Menopause — also die Jahre vor dem endgültigen Ausbleiben der Regelblutung (Menopause = 12 Monate ohne Periode). Und das Wort „Menopause“ setzt sich aus dem griech. Wort „men“ für Monat und „pause“ für aufhören/Ende zusammen.
Dazu kann ich dir noch kurz berichten: Das Wort Menopause gibt es seit 1851 – es ist auf den Arzt Charles de Gardanne zurückzuführen. Er dachte es sich aus, um den Zeitpunkt zu bezeichnen, an dem die Periode einer Frau endet. Davor wurde es im 19. Jahrhundert als „Hölle der Frauen“ und „Tod des Geschlechts“ bezeichnet. Wahnsinn, oder?! Das weiß ich aus dem Buch von Neurowissenschafterin Lisa Mosconi „Das Gehirn in der Menopause“. Übrigens sehr empfehlenswert.
Postmeno: Ich weiß. Ich habe es gelesen, mir hat es bei vielen Dingen die Augen geöffnet und ich weiß jetzt warum es so ist, wie es ist. Sie hat meine Fragen von damals beantwortet. Bedauerlicherweise für mich viel zu spät. Ab wann darf ich denn mit dir rechnen?
Perimeno: Tja, das ist unterschiedlich, in deinen 40ern tauche ich auf jeden Fall auf. Ich würde sagen, meistens so Anfang bis Mitte 40, manchmal sogar schon ab Mitte 30, und ich bleibe im Schnitt 4–8 Jahre. Zu Ende bin ich 12 Monate nach der letzten Regelblutung (=Menopause). Dann geht's in die Phase, in der du jetzt lebst.

Postmeno: Ich habe in meiner perimenopausalen Phase nicht gewusst, dass ich schon im Wechsel bin. Bewusst wahrgenommen habe ich allerdings Veränderungen, als die Schlafstörungen anfingen, sich mein Zyklus veränderte und ich mich mit PMS herumplagte, und das war so vor zehn Jahren mit Mitte vierzig. Ich konnte die Symptome nicht zuordnen, da ich gar nichts über die Wechseljahre wusste. oder dass es unterschiedliche Phasen gibt. Ich war sowas von nicht informiert.
Perimeno: Da bist du nicht die einzige! Das ist echt schade! Es wäre so wichtig, darüber Bescheid zu wissen, was passiert. Ich finde ja, die Frauen wissen schon viel zu wenig über den Zyklus, wie sollen sie dann über mich und über die körperlichen und psychischen Symptome Bescheid wissen, oder?
Postmeno: Was passiert eigentlich in der Perimenopause?
Perimenopause: Kurz gesagt geschieht im Körper folgendes: Der weibliche Zyklus gerät allmählich aus dem hormonellen Gleichgewicht, weil die Eierstöcke langsam ihre Hormonproduktion – von Progesteron und Östrogen - reduzieren.
Postmeno: D.h. der Körper reagiert auf den sinkenden Hormonspiegel mit unterschiedlichen Beschwerden, wie etwa mit schlechtem Schlaf. Aufwachen um 2 Uhr, 3 Uhr in der Nacht und nicht mehr oder nur mehr schlecht einschlafen können.
ÖSTROGENDOMINANZ
Perimeno: Ja, genau. Das ist eines der Symptome. Das Problem ist, dass dieser Prozess der Hormonumstellung nicht gleichmäßig verläuft – er ist wellenartig, mal zu viel, mal zu wenig. Und das führt zu Schwankungen, die viele Symptome erklären.
Postmeno: Und wegen der Schwankungen kommt es auch zur sogenannten Östrogendominanz, oder?
Perimeno: Richtig. Das kann deshalb eine schwierige und anstrengende Phase sein. Du hast das ja erlebt. Da Progesteron zuerst fällt, während Östrogen anfangs noch relativ hoch oder sogar schwankend hoch bleibt, entsteht ein Ungleichgewicht. Es wird zu viel Östrogen im Verhältnis zu zu wenig Progesteron produziert, daher die Bezeichnung Östrogendominanz.

Postmeno: Woran merke ich die Östrogendominanz?
Perimeno: Ich möchte es folgender-maßen beschreiben: Da spielen die Musi-ker in einem Orchester, das jahrzehnte-lang gut eingespielt war, plötzlich, was sie wollen. Du kannst dir vorstellen, dass das dann nicht gut klingt, Hörgenuss quasi Wunschdenken.
Postmeno: Das ist ein guter Vergleich, genauso habe ich mich gefühlt. Innerliches Chaos, nichts war mehr so, wie es früher war. Ich habe mich nicht mehr wiedererkannt und plötzlich tauchten Beschwerden auf, die ich früher nicht kannte.
SYMPTOME
Perimeno: Ja, so ist es. Das klingt jetzt vielleicht komisch in diesem Zusammenhang, aber ich kann dir nur sagen, so wie es dir ging, das ist normal in dieser Phase. Wenn es dir recht ist, zähle ich jetzt einmal ein paar Symptome auf, die auftreten können:
Spannungsgefühl in der Brust, Wassereinlagerungen, Stimmungsschwankungen, Reiz-barkeit, stärkere oder unregelmäßige Blutungen, Gewichtszunahme, besonders an Hüfte und Bauch, Hitzewallungen, kognitive Beeinträchtigungen wie Konzentrationsprobleme ...
Postmeno: Da ist ja einiges los bei dir. Da bin ich ja jetzt im Vergleich dazu in einer ziemlich faden Phase. Ich würde sagen, mein Orchester spielt wieder ganz ordentlich, um deinen Vergleich zu bemühen. Manchmal klingen ein paar falsche Töne an oder ist ein Musiker aus dem Takt, aber im Großen und Ganzen hört es sich ganz gut an.
Perimeno: Es heißt ja auch, dass sich all die Symptome wieder reduzieren werden bzw. verschwinden, so z.B. die berühmten Hitzewallungen, wenn sich der Körper an den Hormonmangel gewöhnt und sich darauf eingestellt hat, so die Theorie. Das ist aber natürlich nicht bei jeder Frau so.
Postmeno: Allerdings. Würde ich nicht Hormone nehmen, wäre bei mir nach wie vor die Symptomhölle los. Einzig die Anwendung von bioidenten Hormonen hält bei mir den Wahnsinn im Schach. Das ist aber ein anderes Thema. Kannst du mir erklären, welche Hormone beteiligt sind und was mit diesen Hormonen los ist ?
Perimeno: Wir haben die beiden Protagonisten ja schon erwähnt: Östrogen und Progesteron. Progesteron sinkt zuerst: Weil der Eisprung immer seltener stattfindet. Und ohne Eisprung → kein Gelbkörper → kein Progesteron. → Folge: Unausgeglichenes Verhältnis zwischen Östrogen und Progesteron. Zunächst, das haben wir ja schon besprochen, schwankt Östrogen stark: Mal zu viel, mal zu wenig – die Eierstöcke produzieren unregelmäßig. Mit der Zeit sinkt aber auch der Östrogenspiegel dauerhaft.
Postmeno: Eine „lustige“ Zeit ...
Perimeno: Ja, unter Umständen schon. Es muss aber nicht sein. Jede Frau erlebt ihre Wechseljahre anders.
KONSEQUENZEN DES ÖSTROGEN- UND PROGESTERONMANGELS
Postmeno: Warum sind die beiden Hormone so wichtig bzw. warum hat ihr Fehlen solche Konsequenzen?
Perimeno: Das ist schnell erklärt: Nehmen wir eines der häufigsten Symptome, die Schlafstörungen: Progesteron wirkt beruhigend und schlaffördernd. Wenn es fehlt, kann es zu Einschlafproblemen kommen. Genauso kann ein niedriger Östrogenspiegel Hitzewallungen und Nachtschweiß auslösen, und das bedeutet mehrmaliges Aufwachen in der Nacht. Und hinzu kommt noch, dass der Körper, wenn er hormonell aus dem Gleichgewicht ist, auch empfindlicher auf Stress reagiert und mehr Cortisol produziert und dadurch Einschlafprobleme verursacht. Leider sinkt auch der Melatoninspiegel mit dem Alter, das erschwert das Ein- und Durchschlafen zusätzlich.
EINFLUSS DER HORMONE IM KÖRPER
Postmeno: Erfreulich ist das alles nicht. Was beeinflussen diese Hormone noch im Körper? Abgesehen von der Zyklusregulation, meine ich.
Perimeno: Da gibt es einiges. Ich zähle jetzt einmal ein paar Punkte auf: Östrogen zum Beispiel mischt beim Knochenstoffwechsel mit und schützt vor Osteoporose. Es hat positive Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System und die Gefäße, beeinflusst die Zusammensetzung der Blutfette und erhält die Hautelastizität und Schleimhäute.
Und Progesteron wirkt auf das zentrale Nervensystem, hat wie gesagt eine beruhigende schlaffördernde Wirkung.
Postmeno: Apropos Symptome, ich habe gelesen, es gibt an die 34 Symptome im Zusammenhang mit den Wechseljahren. Hitzewallungen, Gelenkschmerzen, Schlafstö-rungen, Konzentrationsprobleme, Herzrasen/Herzstolpern,…
Perimeno: Ich glaube, es sind sogar noch mehr. Um Bescheid zu wissen, kann ich nur von Sheila de Liz das Buch „Woman on Fire“ empfehlen. Sie erklärt alles auf sehr einfache und verständliche Weise.
ERNÄHRUNG, SPORT, BEWEGUNG, ENTSPANNUNG
Postmeno: Danke für deinen Hinweis. Zum Glück gibt es mittlerweile ja einiges an Literatur zu den Wechseljahren. Abschließend möchte ich dich noch fragen: Was meinst du, ist wichtig in dieser Phase, worauf soll Frau achten?
Perimeno: Gute Frage! Danke, dass du sie gestellt hast, denn Frau kann tatsächlich etwas tun. Ich zähle jetzt einmal in Stichworten auf, was mir einfällt: Etwa bei der Ernährung sind Kalzium und Vitamin D (Milchprodukte, fettarmer Joghurt, grünes Blattgemüse, Fisch (z. B. Lachs), Magnesium und Vitamin B-Komplex (Vollkornprodukte, Nüsse, Samen, Hülsenfrüchte), Protein (Fettarme Fleischsorten, Fisch, Eier, Hülsenfrüchte, Quark, Tofu), gesunde Fette (Omega-3-Fettsäuren aus Fisch, Leinsamen, Chiasamen); bevorzugt ungesättigte Fette (Olivenöl, Avocado). Ballaststoffe (Obst, Gemüse, Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte), Sojaprodukte (Tofu, Edamame), Leinsamen, Sesam zu empfehlen und die Salz- und Zuckerzufuhr sollte moderat gehalten werden; Alkohol in Maßen trinken und für eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr (Wasser, ungesüßte Getränke) sorgen.
Postmeno: Das ist ja eine Menge, was ich bei der Ernährung beachten sollte. Welche Tipps hast du noch? Wie schaut's mit Bewegung und Sport aus?
Perimeno: Auch ein wichtiger Punkt: Ich empfehle Krafttraining 2–3 Mal pro Woche: zum Erhalt/Aufbau von Muskulatur, für die Knochenstabilität (Knochendichte). Dann noch
Ausdauertraining 150 Minuten pro Woche (z. B. zügiges Gehen, Radfahren, Schwimmen) plus 2–3 Mal pro Woche kurze Cardio-Einheiten.
Postmeno: Das klingt gut und ist wichtig und sinnvoll, nur wann soll ich das alles unterbringen in meinem Arbeits-Familien-Alltag?
Perimeno: Das ist ein berechtigter Einwand. Das, was ich beschreibe, ist auch der Idealfall. Auf jeden Fall ist Regelmäßigkeit wichtiger als Intensität. Kleine, konsistente Einheiten sind besser als sporadische Spitzenbelastung.
Postmeno: Stimmt. Ich bin noch immer dabei, für mich eine Regelmäßigkeit zu finden. Ich erinnere mich, dass ich mir sehr schwer damit getan habe, Sport zu treiben, weil ich so erschöpft war. Ein Teufelskreis! Was aber immer gegangen ist, war zügiges Gehen, ich habe viele Wege einfach zu Fuß erledigt, etwas in die Arbeit oder zu Terminen und bin dann eben 30-40 Minuten gegangen, um irgendwie in Bewegung zu bleiben.
Perimeno: Das ist eine gute Idee! Ein paar Tipp, um wieder zur Ruhe zu kommen und Stress zu reduzieren, habe ich auch. Ich empfehle Shiatsu, Yoga, QiGong, Pilates und Entspannungstechniken wie Atemübungen, progressive Muskelentspannung und Meditation, Und natürlich ausreichend Pausen machen, sich ausruhen, Dinge machen, die Freude und Spaß bringen und der Seele gut tun. Und für die Verbesserung der Schlafqualität sind feste Schlafenszeiten und ein kühles, dunkles Schlafzimmer wichtig, Koffein ab dem frühen Nachmittag vermeiden. Und kein Smartphone oder Laptop, PC vor dem Schlafengehen!
5 TIPPS
Postmeno: Diese Tipps habe ich in der Perimenopause viel zu wenig beachtet. Zum Abschluss möchte ich noch meine 5 wichtigsten Punkte ergänzen, die ich durch Erfahrung gelernt habe: 1. Kauf dir einen Fächer, 2. Achte auf deine Grenzen und sag "nein", 3. Baue Ruhemomente in den Alltag ein 4. 3-4 Mal am Tag: Atme bewusst ein paar Atemzüge und 5. Achte gut auf deine Bedürfnisse, bringe Aktivitäten, die dir Freude bereiten und dich nähren, in dein Leben.
WISSEN HILFT:



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